Im Untergrund von Aarau – 3D-Erfassung und Visualisierung der Meyerschen Stollen

Kevin Hilfiker, Geomatikingenieur bei Ackermann + Wernli AG, präsentierte am dritten Frühlingskolloquium die 3D-Erfassung der Meyerschen Stollen im Untergrund von Aarau unter erschwerten Bedingungen. Neben zahlreichen Sicherheitsmassnahmen und guter Ausrüstung waren einige kreative und unkonventionelle messtechnische Lösungen notwendig, um die Messkampagnen zum Erfolg zu führen. Aus den resultierenden bereinigten TLS-Punktwolken wurden weitere Produkte, wie Grundrisse und Schnitte gemäss den Bedürfnissen der Auftraggeber abgeleitet. Mit den ebenfalls erfassten 360°-Panoramaaufnahmen wurde ein virtueller Stollenrundgang realisiert.

Kevin Hilfiker, Geomatikingenieur bei Ackermann + Wernli AG präsentiert die 3D-Erfassung und Visualisierung der Meyerschen Stollen
Beim dritten Frühlingskolloquium des Instituts Geomatik der FHNW am 16. April 2019 führte Kevin Hilfiker (Geomatikingenieur bei Ackermann + Wernli AG) die Anwesenden thematisch zu den Meyerschen Stollen in den Untergrund von Aarau. Das über 200 Jahre alte Baudenkmal wurde ursprünglich von Johann Rudolf Meyer, Sohn in Auftrag gegeben, um einerseits sein Grundstück zu entwässern und andererseits die Frischwasserzufuhr für seine Seidenfärberei zu gewährleisten. Damals wurden ebenfalls mit unterirdischen Wasserrädern und Turbinen Energie für die Seidenbandfabrik erzeugt.

In den Jahren 1996 bis 2000 erfolgte eine Grundlagenvermessung der Meyerschen Stollen durch Ackermann + Wernli AG. Sie umfasste ein unterirdisches Fixpunktnetz in Lage und Höhe, eine Grundrissaufnahme, Längs- und Querprofile, sowie eine Fotodokumentation.
2015 erfassten Geomatikstudierende im Rahmen des 3D-Blockkurses einen Teilbereich der Meyerschen Stollen nördlich vom Bahnhof Aarau dreidimensional mit Laserscanning und Bildpanoramen. Kevin Hilfiker hatte damals als wissenschaftlicher Mitarbeiter, gemeinsam mit dem erfahrenen Höhlenforscher und Geomatikingenieur Yvo Weidmann, die Leitung der abenteuerlichen und nicht ganz ungefährlichen Messkampagne. In den teilweise mit Wasser und Schlamm gefüllten Stollen herrschten enge Platzverhältnisse, wobei einige Bereiche nur kniend oder gar kriechend erreichbar waren. Bilder und Videos von der Kampagne zeigten die Verhältnisse und die «zusätzlichen» Anforderungen an Mensch und Instrumentarium eindrücklich auf.

Wechsel der TLS-Stationierung unter erschwerten Bedingungen
Die engen Stollen bedingten auch messtechnisch unkonventionelle Lösungen; für die TLS-Stationierungen (Faro Focus3D X 330) kamen selbstentwickelte Spriessstative zum Einsatz und Styroporkugeln aus dem Baumarkt dienten als zusätzliche Targets von Pass- und Verknüpfungspunkten. Nach der Messkampagne resultierten lokale Genauigkeiten im Zentimeterbereich und absolute Genauigkeiten im Subdezimeterbereich. Die Aufnahmen wurden auf das bestehende Fixpunktnetz der Grundlagenvermessung gelagert. Die Ergebnisse des 3D-Blockkurses waren einerseits eine bereinigte Gesamtpunktwolke der Meyerschen Stollen, woraus weitere Produkte, wie Grundrisse und Schnitte abgeleitet werden konnten. Andererseits wurden mit den ebenfalls erfassten Panoramabildern ein virtueller 360°-Stollenrundgang als Webanwendung realisiert.
Ansicht der bereinigten und segmentierten 3D-Punktwolke der Meyerschen Stollen
Durch das geplante Neubauprojekt des WSB-Bahnhofs wurden letztes Jahr zusätzliche 3D-Aufnahmen in anderen Teilbereichen der Meyerschen Stollen notwendig. Um das Kulturdenkmal vor der Zerstörung durch die geplanten Bauarbeiten zu bewahren, mussten die Deckenhöhen des Stollenwerks vorgängig zentimetergenau bestimmt werden. Diesmal erfolgten die Aufnahmen durch Ackermann + Wernli AG. Es konnte auf die Erfahrungen des 3D-Blockkurses aufgebaut werden. Die Aufnahmen erfolgten mit dem TLS Leica BLK360. Für die Aufnahme wurde eine geringere Scanauflösung gewählt, um die Datenmenge und damit einhergehend auch die Aufnahme- und Auswertezeit zu reduzieren. Im Gegenzug mussten grössere Styroporkugeln als Targets eingesetzt werden.