Studierende berichten: Räumliche Daten retten Leben

Was hat die Polizei mit Geomatik zu tun? Wofür braucht die Verkehrspolizei räumliche Daten? Und wie kann mit Hilfe dieser Daten die Zahl der Verkehrsunfälle vermindert werden?


Albin Hugentobler, stellvertretender Dienstleiter der Verkehrspolizei Kanton Basel-Stadt, und Silvio Suter, Projektleiter Verkehrssicherheit Kanton Basel-Stadt, führten im Frühlings-Kolloquium des Instituts Geomatik FHNW mit viel Fachkenntnis und Erfahrung durch ihre Präsentation. Sie referierten über den Einsatz von räumlichen Daten bei der Abteilung Verkehr der Kantonspolizei Basel-Stadt und gewährten interessante Einblicke in ihr Tagesgeschäft.


Die Polizei ist verpflichtet, bei sämtlichen Delikten die Spuren zu sichern. Albin Hugentobler erklärte uns am Beispiel von Unfallstellen, wie die Spuren erfasst und anschliessend ausgewertet werden. Früher wurden die Unfallstellen hauptsächlich von Hand vermessen und anschliessend in einem Plan sauber und exakt festgehalten. Deshalb mussten die Polizisten früher nicht zu unterschätzende «künstlerische» Fähigkeiten aufweisen. Später wurde die photogrammetrische Vermessung von Unfallstellen mittels des Programms «Elcovision» eingeführt. Dazu wurden entlang beider Strassenseiten Fotos im Abstand von etwa zehn Metern aufgenommen. Um die Fotos am Computer korrekt verknüpfen zu können, mussten auf der Strasse mehrere Verknüpfungspunkte angegeben werden. In einem AutoCAD-Programm konnte so anschliessend ein Plan erstellt werden. Die dazu notwendige Arbeit inklusive der ganzen Auswertung betrug etwa 16 Stunden und war sehr kostenintensiv. Seit drei Jahren wird das Programm «AgiSoft Metashape» verwendet (Abbildung 1). Diese Software kann auch Aufnahmen von Drohnen und Helikoptern sowie Laserscanning-Aufnahmen auswerten.

Abbildung 1: Mit "AgiSoft" erstellte Unfallskizze, Quelle: Kapo BE


Die Kantonspolizei Basel-Stadt verwendet ein Stativ auf einem Rollwagen (Abbildung 2). Dieses System funktioniert auch bei Dunkelheit, denn bei Dunkelheit wird eine längere Belichtungszeit notwendig, was bei sich bewegenden Aufnahmegeräten nicht möglich ist. Auch hier müssen Referenzpunkte angegeben werden. Diese werden im Abstand von etwa fünf Metern am Strassenrand angegeben. Anschliessend wird mit dem Stativ durch die Unfallstelle gefahren und etwa alle zwei Meter ein Foto geschossen. Davor wird die Unfallstelle jedoch geräumt. Ein weiter Vorteil dieses Programms ist dessen 3D-Fähigkeit. Die erstellten Unfallakten gehen dann zur Staatsanwaltschaft, zum Strassenverkehrsamt und zur Versicherung. Ausserdem werden die Daten anonymisiert für Statistiken verwendet. Dank der Zugriffsmöglichkeit auf das Geo-Portal des Tiefbauamts können auch Signalisierungen und Strassenmarkierungen in die Unfallskizzen übernommen werden. Der Kanton Basel-Stadt hat sämtliche Signalisierungen und Markierungen erfasst. Ein weiterer Vorteil dieses Geo-Portals besteht darin, dass einfach und vor Ort für jedes Signal eine Schadenmeldung erfasst werden kann.


Abbildung 2: Verschiedene Aufnahmemethoden, Quelle: Kapo BE


Im zweiten Abschnitt des Kolloquiums erklärte uns Silvio Suter, wie die Daten aus den erfassten Verkehrsunfällen mit Hilfe eines Geoinformationssystems weiterverwendet werden können. Mit dem Network Safety Management (Netzeinstufung) wird die Anzahl der Verkehrsunfälle jedes Strassenabschnitts unter Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens beurteilt. Damit die dazu benötigten Unfallschwerpunkte ermitteln zu können, müssen alle Unfälle spezifisch erfasst und analysiert werden (Abbildung 3). Das Verkehrsaufkommen wird dabei aus dem Verkehrsmodell des Kantons Basel-Stadt bezogen. Zusätzlich werden Elemente der Strasseninfrastruktur, welche Sicherheitsdefizite aufweisen, erfasst. Unter Berücksichtigung dieser Daten können Unfallschwerpunkte ermittelt und systematisch beseitigt werden. Es können Sicherheitsbewertungen des Strassennetzes erstellt werden, Handlungsbedarf am Strassennetz ermittelt oder auch potenzielle Sicherheitsdefizite erkannt werden. Das Ziel ist es anschliessend, die Strassenabschnitte mit hohem Infrastrukturpotenzial zu ermitteln, zu priorisieren und dann allfällige Massnahmen zu ergreifen. Ein weiterer Verwendungsbereich des Geoinformationssystems besteht darin, dass zum Beispiel Grossbaustellen und Veranstaltungen geplant werden können. Das bedeutet, dass beispielsweise Umleitungen und Signalisationen geplant, gespeichert und bei sich wiederholenden Veranstaltungen wiederverwendet werden können. Der Vorteil dabei besteht darin, dass Prozesse vereinfacht und digitalisiert werden können und somit auch andere Stellen davon profitieren können.

Abbildung 3: Network Safety Management: Infrastrukturpotenzial und Unfallschwerpunkte, Quelle: Kapo BS


Der Einblick in die Arbeit der Kantonspolizei Basel-Stadt war äusserst spannend und lehrreich. Die steigende Verwendung räumlicher Daten wie auch deren positiver Einfluss war omnipräsent. Dabei wurde deutlich, wie vielseitig räumliche Daten verwendet werden können und damit sogar dazu beitragen kann, dass Verkehrsunfälle verhindert werden können. Es heisst ja nicht umsonst: «Die Polizei, dein Freund und Helfer.»

Autor: Luca Merz, Student Bachelor in Geomatik im 2. Semester