Studierende berichten: Geomatik ist in der Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken

Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Teil der Gesamtwirtschaft. Wir können nicht überleben, wenn die Bauern nicht Nahrungsmittel anbauen. Auch in der Vermessung ist die Landwirtschaft ein wichtiges Teilgebiet, genauso wie beispielsweise die Bau- oder Ingenieurvermessung. Doch leider ist dies nur Wenigen bekannt. Darum möchte ich mit diesem Blogbeitrag den Lesenden die Geomatik in der Landwirtschaft näherbringen.
Mit einem älteren Traktor ohne GNSS und Assistenzsysteme ist es nicht immer einfach einer geraden Linie zu folgen; vor allem in Hanglage, wo der Traktor gerne abwärts driftet.
Quelle: Stefan Schürmann, G2
Wie in allen Wirtschaftsbereichen muss es auch in der Landwirtschaft immer schneller und einfacher gehen. Effizienz ist das Stichwort. Möglichst wenig Aufwand, möglichst hoher Ertrag. Die Bewirtschaftung der Felder muss immer effizienter werden. Zum Glück für die Natur, setzt ein Grossteil der Schweizer Landwirtschaft auf Nachhaltigkeit. Das bedeutet schonende Bodenbearbeitung und möglichst wenig Schädlingsbekämpfungsmittel. In allen drei Bereichen, Effizienz, Bodenbearbeitung und Schädlingsbekämpfung, wird automatisiert. Wie geschieht dies? Mit automatisierten Arbeitsgeräten und vielen geodätischen Instrumenten und Methoden, wie zum Beispiel der Einsatz von Globalen Navigationssatellitensystemen (GNSS) oder lageorientierten Kameras.



Einsatz eines GNSS-Geräts. Durch dieses kann der Landwirt einfacher einer geraden Linie folgen und so effizienter arbeiten
Quelle: Stefan Schürmann, G2
Der Einsatz von GNSS ist das bekannteste und sehr einfaches Hilfsmittel. Es gibt verschiedene Anbieter von solchen Systemen. Mittlerweile haben viele Traktoren eingebaute GNSS-Geräte. Diese Systeme ermöglichen zum Beispiel die bessere Kontrolle der Landwirte über die Arbeiten auf dem Feld oder hilft bei der Positionierung und Orientierung von Robotern. Die Genauigkeit der Positionierung und Orientierung spielt genau wie bei anderen Vermessungen auch in der Landwirtschat eine grosse Rolle. Die Real Time Kinematic (RTK) Methode und differentielles GNSS ermöglichen eine hohe Genauigkeit von unter zehn Zentimetern. Unterstützt werden die Systeme durch Kamerasysteme, die zum Beispiel Unkraut und Pflanzenreihen erkennen können.
In der Landwirtschaft werden immer häufiger selbstständige Arbeitsgeräte, kurz Roboter eingesetzt. Ein Beispiel dazu ist eine selbstfahrende Feldspritze oder ein Unkrautbekämpfungsroboter. Diese Geräte bearbeiten das Feld ohne ständige Kontrolle des Landwirts. Da der Roboter selbstständig arbeitet, hat der Landwirt mehr Zeit für andere Aufgaben. Für die Positionierung und Orientierung auf dem Feld, benötigen diese Maschinen natürlich, wie schon erwähnt, GNSS-Geräte. Durch Kamerasysteme und bereits erfasste Daten, zum Beispiel Fahrspuren der Aussaat, kann der Roboter effizienter und zuverlässiger arbeiten.


Kameras und Lasersensoren werden auch zur Hinderniserkennung eingesetzt, sowie zur Detektion von Schädlingsbefall oder Tiere in einem Getreide- oder Maisfeld.
Bild einer Drohne beim Flug über ein Getreidefeld zur Lokalisierung von Tieren. https://www.nwzonline.de/wirtschaft/weser-ems/luftretter-verhindern-maehtod-drohne-als-rehkitz-retter-unterwegs_a_17,0,170134208.html [Zugriff: 15.04.2020]

Tiere, insbesondere Rehe, in Feldern mit hohem Bewuchs sind ein grosses Problem. Vor allem beim Ernten. Die riesigen Erntemaschinen schneiden Getreide tief am Boden ab. Dabei können Tiere verletzt oder getötet werden. Besonders gefährdet sind Rehkitze, da diese ihr Schlafplatz meist nicht verlassen ohne ihre Mutter. Mit Wärmebildkameras können Tiere im Getreide oder Mais lokalisiert werden. Diese Kameras werden entweder an der Erntemaschine direkt oder an einer Drohe befestigt. Diese Drohne fliegt vor Beginn der Ernte das Feld ab und spürt alle Tiere auf. Die gefundenen Tiere werden gerettet und an einen neuen Ort gebracht, so dass sie die weiteren Arbeiten auf dem Feld nicht stören.

Dank Drohneneinsätzen konnten schon viele Rehkitze vor dem Tod durch Erntemaschinen gerettet werden.
Quelle: https://www.merkur.de/lokales/erding/moosinning-ort377228/drohnenpiloten-gemeinsam-gegen-maehtod-12530291.html
Ohne Software aber, sind alle geodätischen Instrumente und Sensoren nutzlos. Alle erfassten Daten müssen mit speziellen Softwares verarbeitet und beurteilt werden, um dann entsprechende Reaktionen auszulösen. Die Verarbeitung der Kamerabilder geschieht in Echtzeit. Ebenso GNSS. Die Auswertung von Daten, vor allem Geodaten ist auch ein grosses Teilgebiet der Geomatik. Die Auswertung ist genauso wichtig wie die Erfassung. In allen Bereichen der Vermessung.


Als Sohn eines Bauern bin ich auf dem Traktor aufgewachsen. Gelernt habe ich mit alten Traktoren ohne Hilfssysteme. In den letzten paar Jahren hatte ich mehrmals das Vergnügen, in neueren, grösseren Traktoren zu fahren. Dabei habe ich gemerkt, dass Assistenzsysteme, wie GNSS oder Fahrspurassistenz die Arbeit viel leichter und noch wichtiger, effizienter machen. Leider ist die Technik noch nicht ganz so ausgereift, dass man sich zu hundert Prozent auf sie verlassen kann. Die Technik wird jedoch ständig weiterentwickelt und ich bin überzeugt, dass in diesem Bereich der Wirtschaft noch vieles erreicht werden kann; hoffentlich auch im Hinblick auf den Naturschutz. Die Technik und mit ihr die Geomatik ist jedenfalls aus der Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken.


Autor: Stefan Schürmann, Student Bachelor in Geomatik im 2. Semester