Studierende berichten: Lehrlinge sind die Vermesser von Morgen

Lehrlinge sind mehr als nur billige Arbeitskräfte und unnötiger Zeitaufwand. Mehr als zusätzliche Fehlerquellen und zwecklose Ausgaben. Sie sind die Zukunft – die Vermesser von Morgen.


Schon anfangs Oberstufe war mir klar, dass ich eine Lehre zum Geomatiker machen will. Da ich aber relativ gut in der Schule war, wollten mich viele Lehrer von der Kantonsschule überzeugen. Das kam für mich nicht in Frage. Es reizte mich das kleine und unbekannte Berufsfeld des Geomatikers. Ich wollte nicht einer von hunderten Maturanden sein, sondern als einer von Wenigen eine spannende und individuelle Ausbildung erfahren.

Wie erwartet, waren die Klassen in der Berufsschule klein und die Betreuung sehr direkt. Man merkte, dass uns die Schule und die überbetrieblichen Kurse versuchten, so gut wie möglich auf den Beruf vorzubereiten. Schnell habe ich aber auch aus Gesprächen mit Kollegen erfahren, wie viel Glück ich mit der Wahl meines Lehrbetriebes hatte. Einige erzählten von unmotivierten Ausbildnern und der häufigen eintönigen Fleissarbeit, welche sie verrichten mussten. Selbstständiges Arbeiten an Projekten war nicht für alle möglich und das Vertrauen, welches in die Lernenden gesetzt wurde, teilweise gering. In einzelnen Fällen fühlten sich meine Kollegen sogar vom Lernenden zum Assistenten degradiert. Als konkretes Beispiel ist hier das Erarbeiten von Grenzmutationen zu erwähnen. Die Fähigkeit eine solche Mutation durchzuführen ist ein klar definiertes Lernziel der Ausbildung, wurde jedoch bei einigen Kameradinnen und Kameraden bis zum heutigen Tag (bald zwei Jahre nach Lehrabschluss) nicht erfüllt. Begründet wurde dies durch die Ausbildner mit Zeitmangel, was in meinen Augen mehr als ungenügend ist.


Das genaue Gegenteil durfte ich in meinem Lehrbetrieb erfahren. Ich hatte das Vergnügen von einem motivierten jungen Geomatiker zu lernen. Schnell konnte ich kleinere Gebäudenachführungen selbst planen und erarbeiten. Mit der gewonnenen Erfahrung aus diesen Projekten wurden mit grössere, kompliziertere Nachführungen und in letzten beiden Lehrjahren sogar eigene Bauvermessungen anvertraut.
Ich (als Projektleiter) bei der Vermessung des Projekts "Neubau Schulareal Rütihof


Auch bei uns im Büro gab es einige Kollegen, welche kein Interesse an der Lehrlingsausbildung hatten. So übernahmen bereits die gut ausgebildeten Lernenden im dritten und vierten Lehrjahr einen Teil der Ausbildung. Dies hatte den Vorteil, dass man von beinahe Gleichaltrigen lernen konnte und die Zusammenarbeit sehr angenehm und kameradschaftlich war. Der grosse Nachteil hingegen war das fehlende Fachwissen und die noch geringe Erfahrung. Zum Teil reichte sogar das Wissen der Ausbildner nicht aus, um unsere spezifischen Fragen beantworten zu können.
Obschon ich im zweiten Lehrjahr noch nicht viel Ahnung bezüglich Bauvermessung und erst recht nicht im Brückenbau hatte, durfte ich bereits einige Arbeiten, mit vorherigen Instruktionen, alleine durchführen. Hier beim Bauprojekt "Lehnenviadukt" der SBB in Spreitenbach-Killwangen.
Diese Tatsache ist wohl einer der Hauptgründe, weshalb ich mich für das Studium eingetragen habe. Einerseits möchte ich die Vermessungstechnik noch tiefer erkunden und verstehen, andererseits möchte ich in der Lage sein, bei Fragen von Lernenden, Arbeitskollegen oder Kunden möglichst ausführlich und verständlich zu antworten.


"Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen."
- Benjamin Franklin, 1706 – 1790, Gründervater der USA


Nach etwas mehr als einem Semester an der Fachhochschule sehe ich hier Parallelen zu den im ersten Abschnitt erwähnten Lehrbetrieben. Viele Studienkolleginnen und -kollegen machen ein Studium, um nicht mehr nur einfache Gebäudenachführungen zu machen und einige gar, damit sie sich nicht mehr mit den Lernenden herumschlagen müssen. Das wäre jedoch sehr bedauerlich. Denn ich glaube daran, dass Wissen eine Investition ist und hoffe für die Zukunft, dass sich die gesamte Branche das entsprechende Zitat von Benjamin Franklin noch mehr zu Herzen nimmt. Das wäre ein Gewinn für die gesamte Branche.


Autor: Lukas Zumsteg,  Student Bachelor in Geomatik im 2. Semester