Studierende berichten: Geomatik Herbst Kolloquium - Mobile Mapping: Einfach schöne Bilder oder Zukunft der Ingenieursvermessung?

 Im Alltag des digitalen Zeitalters werden Dienstleistungen wie Google Maps mit absoluter Selbstverständlichkeit verwendet. Wo sich die nächste Bar befindet, oder gar die nächsten fünf, wovon ich nur solche besuchen will mit Kakteen im Fenstersims oder mit Studentenrabatt; jegliche Auswahl ist mir überlassen, denn mit dem Smartphone ist alles sofort zu finden. Solche räumlichen Informationen können dabei einiges vielfältiger und vielleicht auch sinnvoller verwendet werden als meine seltsam spezifische Kneipenauswahl.
Eine bessere Verwendung von räumlichen Daten - in diesem Fall 3D Daten - stellte uns Marc Keller vor, Teamleiter der 3D Mobile Mapping Abteilung der Grunder Ingenieure AG. Einst von einem ähnlichen Kolloquium zu einem Studium an der FHNW bewogen, gewährte Keller nun uns einen Einblick in die Welt und Anwendung des 3D Mobile Mapping.
 

Abbildung 1: Grunder Ingenieure AG, Abteilung 3D Mobile Mapping (Grunder 2020)


In der Konzeption, der Planung, dem Bau und dem Unterhalt allerart, werden 3D Daten des Mobile Mapping täglich eingesetzt. Nur, was ist das 3D Mobile Mapping nun eben genau? Eigentlich nichts neues, sondern ein Zusammenfinden von bewährten Technologien. Wie ein Smartphone das Telefon mit Kamera, Musik, Videos und Navi vereint, ist das Mobile Mapping ein Zusammenführen von Messungssensoren zu einer kompakten Einheit. Laserscanner, Kameras, Neigungssensoren, Kompensatoren und Positionierungssysteme wie GNSS bilden die Basis der mobilen Plattform.
Im Falle der Grunder Ingenieure AG, wird das "Leica Pegasus Two:Ultimate" verwendet, eine vollgeladene, aber mobile Sensorplattform. Ausgestattet mit vier Seitenkameras, einer 360° Kamera und zusätzlich zwei frei einsetzbaren Kameras hat die Plattform einen umfassender Überblick der Umgebung. Folgendes Sprichwort ist anpassungsbedürftig: Sieben Augen sehen mehr als zwei. Des Weiteren können bis zu zwei Laserscanner angebracht werden, wie auch GNSS Antennen zur Sattelitenpositionierung. Zuletzt kann ein Radsensor montiert werden, der beim Navigieren im Tunnel oder Wald hilft, indem Radumdrehungen beziehungsweise die zurückgelegte Distanz kontrolliert wird.

Abbildung 2: Leica P20 Pegasus Two:Ultimate Quelle
Ein Kompaktes System! Und da ist nicht einmal die optionale Thermalkamera installiert. Die Modularität und Portabilität dieser Plattform öffnet viele Türen. Die Strasse mit dem Auto, die Bahn mit dem Wagen, eine schmale Gasse mit einem Kleinfahrzeug oder sogar ein Skigebiete mit einem Schneemobil, der Einsatz ist überall und immer mit demselben System möglich.
So kompakt wie das System schon ist, lässt es sich auch sehr schnell einsetzten. Nach dem Aufbau auf dem Fahrzeug findet eine drei bis fünf minütige Initialisierung der Plattform mit den Satelliten statt. Eine kurze Kaffeepause ist also bereits für den Benutzer integriert. Anschliessend zählen bei der Befahrung wichtige Regeln. Man sollte nie in einem Tunnel stillstehen, ausser es ist der Radsensor im Einsatz. Auch das Fahren im Schritttempo sollte möglichst vermieden werden, da das GPS sonst nicht weiss ob die eigenen Abweichungen die genaue Position verändern, oder ob sich das Fahrzeug doch bewegt. Daher möglichst konstante Geschwindigkeiten einhalten, wobei je schneller gefahren wird, je mehr sich die generierende Punktwolke wie eine Handorgel auseinanderzieht.
Zuletzt wird nochmals eine Initialisierung mit den Satelliten durchgeführt und es bleibt nur der Abbau übrig. Wenn man sich den Wandel zum Kraftsportler ersparen will, lohnt es sich, möglichst viele Befahrungen in einem Durchgang zu machen. So muss nicht zu oft das nicht allzu leichte Paket auf dem Dach montiert werden.
Dabei bleibt nun die Frage offen: Wie kann ein solches System so hohe Genauigkeiten erreichen? Sogenannte Passpunkte sind hier zentral. Vor dem Befahren werden Passpunkte mit einem Theodoliten aufgenommen und so wird ein Anschluss an das Fixpunktnetz erzielt. Die Punktwolke wird bei der Bearbeitung den Punkten angepasst. Dabei ist die Präzision der Wolke der Präzision der Passpunkte ähnlich.

 
Abbildung 3: Generierte Punktwolke mit 3D Mobile Mapping, Quelle


Die ebengenannte Bearbeitung findet offline im hauseigenen Rechnungszentrum der Grunder Ingenieure AG statt, dies aufgrund von Datenschutz und den Einschränkungen der riesigen Datenmenge. Anhand der vielen Sensorwerte und den ebengenannten Passpunkten wird eine virtuelle Fahrspur generiert, woran alle Bilder und Laserscanning-Punktwolken angehängt werden.
Den Kunden werden die Resultate durch den GrunderMaps Service zur Verfügung gestellt, ein auf Orbit GT basierender Webviewer für 3D Daten. So ist der Datenzugang jedem Kunden möglich, auch ohne eigenem Supercomputer und Software.
Anwendungsbeispiele sind vielfältig. Zustandsbewertungen von Strassen, Tunneln oder Flugpisten, allgemeine Verkehrssanierungen, Planung und Umsetzung von Skipisten und Funparks, oder gar die Streckenplanung des E-Prix in Bern, die Möglichkeiten sind endlos. Sogar die Gaming- und Werbeindustrie können die 3D Modellierungen verwenden.
Kameras, Laser und die Menge an Sensoren, komplementieren einander zu einer genauen und vollumfänglichen Aufnahme des gesamten Raumes. So können alle Schritte zwischen Konzept und Umsetzung auf der genau gleichen Grundlage aufbauen.
Wie damals bei unseren Smartphones, wächst die Selbstverständlichkeit der vielen Kombinationen. So ist dies womöglich die natürliche Weiterentwicklung der Ingenieursvermessung. Ein Zusammenfinden von verschiedenen Geräten, welche mehr als nur schöne Bilder liefern können.

Eine Aufzeichnung dieses Kolloquiums finden Sie auf unserem YouTube Kanal

Autor: Maurice FitzGerald, Student Bachelor in Geomatik im 1. Semester