Studierende berichten: Geomatik-Frühlings-Kolloquium - RetroBIM – Effiziente Nutzung und Veredelung von mobil erfassten 3D-Daten

Das dritte und letzte Kolloquium im Frühlingssemester 2021 wurde von Michael Burri der Amberg Group gehalten und beinhaltete verschiedene Aspekte rund um die Arbeit mit 3D-Daten, von Auf-nahmemethoden bis hin zu RetroBIM.


Nach einer kurzen Vorstellung der Amberg Group ging es direkt ins Thema der Aufnahme von 3D-Daten. Aus den kommerziell verfügbaren Sensoren wie Kameras, Drohnen und Laserscannern entwickelte die Amberg Technology bereits einige eigene 3D Reality Capture Sensorsysteme und erweitert diese je nach Bedarf laufend. Ein Beispiel dafür ist ein Multisensorsystem, welches 360°-Bilder, hochauflösende Bilder und eine 3D-Punktwolke gleichzeitig erfassen kann und auf ver-schiedenen Fahrzeugen montiert werden kann.


Für Abschnitte, die nicht mit einem herkömmlichen Fahrzeug befahren werden können, hat Amberg die MISS entwickelt. Dieses hat selbst Räder und so können die Aufnahmen unabhängig von bestehender Infrastruktur gemacht werden. Eine weitere Entwicklung ist der Amberg IMS 5000, welcher wie ein kleiner Wagen auf Bahnschienen fahrend eingesetzt wird. Nebst dem Laserscanner und einer IMU sind hier weitere Sensoren für die genaue Bestimmung der Gleisgeometrien integriert. Dieses Produkt wird mittlerweile weltweit verkauft und eingesetzt.

Abbildung 1: Links das Grundmultisensorensystem und rechts das erweiterte System IMS 5000, Quelle: https://ambergtechnologies.com/de/loesungen-dienstleistungen/geomatik-services/amberg-mobilemapping/ vom 20.04.21


Ziel der Sensoren ist die hochgenaue Erfassung der Gleisgeometrien. Bei Bedarf werden auch Sensoren eingesetzt, die zusätzliche Informationen erfassen, wie zum Beipiel die Feuchtigkeit oder die Struktur des Erdgrundes.


Eine grosse Herausforderung bei der Arbeit mit 3D-Daten ist die Datenbearbeitung. Diese hat das Ziel, die Daten zu «veredeln», so dass Informationen im Subpixelbereich gewonnen werden können, was wiederum zu einer besseren Interpretation der Daten führt. Die Veredelung kann in vier Hauptbereiche eingeteilt werden: Der erste Bereich umfasst die geometrischen Analysen. Dabei handelt es sich meistens um eine Lichtraumanalyse, bei welcher die aufgenommenen Daten den aus den Richtlinien definierten Lichtraumprofilen gegenübergestellt werden. Hierbei wird eine sehr hohe Genauigkeit gefordert.


Auch die visuelle Analyse ist Teil der Datenbearbeitung. Hier werden z.B. durch abgewickelte massstabsgerechte Bilder Inspektionen gemacht. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Visualisierungen für den Kunden. Hier wird meist auf Webapplikationen gesetzt, bei welchen es möglichst wenige Redundanzen gibt und trotzdem alle Parteien die nötigen Zugriffe bekommen sollen. Schliesslich gewinnt auch das Thema Scan2BIM in der Vermessung immer mehr an Bedeutung. Hier werden die aufgenommenen Daten direkt zu BIM-Modellen aufbereitet.

Abbildung 2: Eines der Webportale, auf denen der Kunde immer und überall Zugriff auf die Daten hat, Quelle: Amberg Technologies

 
Bei all diesen Bereichen der Datenbearbeitung soll möglichst viel Arbeit durch automatische Prozesse erledigt werden. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Deep Learning funktioniert das in vielen Bereichen bereits sehr gut, wenn auch noch nicht 100% zuverlässig und vollautomatisch. Für die Vervollständigung des BIM-Modells werden dann auch weitere Daten, z.B. zusätzliche Attribute aus der SBB-Datenbank in das geometrische Modell aus den Aufnahmen ergänzt. Auch Bestandteil der Automatisierung ist die Prüfung ebendieser modellierten Objekte.

Abbildung 3: Eine Punktwolke und das daraus generierte BIM-Modell, Quelle: Amberg Technologies

Die grosse Herausforderung in der Datenaufbereitung sind die vielen Planergemeinschaften, durch die eine gute Struktur und Kommunikation sehr wichtig ist. Auch die grossen Datenmengen können ein Problem sein, es müssen Grenzen in der Detaillierung gesetzt werden damit es nicht zu viele Daten werden.


Während die bis jetzt behandelten Themen hauptsächlich während dem Bau oder kurz nach Bau-abschluss eingesetzt werden, versteht man unter dem Begriff von RetroBIM die Aufnahme und Modellierung von bestehenden Bauten. Auch hierfür können die erwähnten Sensoren, Abläufe, Analysen und Methoden eingesetzt werden. Das Ziel hier ist die Erstellung von einem digitalen Zwilling des Bauwerkes, welches dann im Optimalfall mit Live-Sensordaten für eine dynamische Nutzung ergänzt werden kann.


Zum Schluss stellte sich also die Frage, ob die Geomatik bereit ist für BIM. Die Antwort lautet: Ja, aber für eine effiziente Nutzung müssen einige Dinge beachtet werden. So ist es für uns wichtig, dass wir neben den geometrischen auch immer an die fachlichen Informationen in den Modellen denken. Auch klar strukturierte Daten und automatisierte Prozesse sind in der BIM-Welt von Nöten und schliesslich muss für eine Effizienzsteigerung sehr eng unter den verschiedenen Branchen zusammengearbeitet werden, damit voneinander profitiert werden kann.


Mit diesem Fazit beendete Michael Burri seinen sehr interessanten und lehrreichen Kolloquiums-vortrag über die vielen Ideen für eine effiziente Nutzung von 3D-Daten, die dank innovativen Ent-wicklungen je länger je mehr umgesetzt werden können.

Für alle, die den Vortrag verpasst haben, gibts auf unserem YouTube Kanal die Aufzeichnung dazu: zur Aufzeichnung

Autoren: Maria Grünenfelder und Mirco Brenn, Studierende Bachelor in Geomatik im 6. Semester